heimat - bewegt

Geschichte kann man nicht abwählen.
Das ist einer der letzten Sätze, die in Papier.Krieg  fallen, sozusagen die Unterschrift.
Für dieses Programm habe ich mich auf eine mitunter schmerzhafte Reise in die Zeit und an den Ort begeben, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Das Thema 'Heimat' hatte ich dabei allerdings kaum im Sinn – zu lange schon lebe ich nicht mehr dort. Im Januar war ich vom Münchner Kulturreferat eingeladen, das Stück auf einer Veranstaltung Statt Heimat: Stadtheimat’ zu zeigen - und im Vorfeld habe ich viel über den Heimatbezug des Stücks nachgedacht. Ich stieß auf ausgesprochen wunde Punkte – aber wer sagt denn, dass Heimat immer mit Wohlgefühl verbunden ist? Es kann mir hier, da und dort gut gehen, auch an dem Ort, wo ich gerade wohne, aber macht ihn das zur Heimat? Kann ich Heimat wählen – und abwählen? Glauben wir jemandem, der sagt, er brauche keine Heimat? Viele Fragen tauchen dabei auf.
Gibt es auch eine Heimat in der Zeit, in einer bestimmten Epoche? (s. Beitrag v. 5.April 2013) Viele ältere Menschen können ein Lied davon singen, wenn sie ein Leben lang am gleichen Ort leben, aber mit dem Tod von Altersgenossen und allem Wandel um sie herum allmählich 'die Welt nicht mehr verstehen'.
Heimat, denke ich, hat sicher etwas mit Zugehörigkeit zu tun, sie entsteht durch Teilhabe, zum Beispiel an Gewohnheiten und Redensarten, auch durch gemeinsam erlebte Geschichte. Hier mag es Unterschiede zwischen Stadt und Land geben, bedingt durch andere Erfahrungshintergründe etwa oder vielleicht weniger engen sozialen Zusammenhalt; Unterschiede zwischen einzelnen Regionen, Unterschiede zwischen Ost und West.
Heimat ist, wo ich etwas zu suchen habe – in jeder möglichen Bedeutung des Satzes. Damit wären die Veränderung, der Wandel aber schon impliziert. Was soll, was kann man da sinnvollerweise konservieren, wie kann ich – immer wieder! – heimisch werden?
Wohnst du noch – oder lebst du schon? Dass sich die Werbung gern dieser Fragen und Gefühle bemächtigt, muss nicht weiter verwundern, ebenso wenig wie ihr Versprechen, das Heimatbedürfnis dann auch zu stillen. Ob das aber durch Möbel möglich ist? Eher vielleicht durch Immobilien – aber auch das ist mehr als fraglich.
Kann eine ganze Nation aufgrund gemeinsam erlebter Geschichte Heimat sein? Aber was ist dann mit den Nachgeborenen? Ich erlebe durchaus erstaunt, dass ich mein Stück auch vor Jugendlichen spielen kann und dabei auf Verständnis stoße. Ich bin gespannt auf meinen ersten Auslandsauftritt damit. Vielleicht ist der Wunsch nach einem je meinigen Ort universal – wie auch der Schmerz über dessen Verlust?
Und als letzte Frage: Vielleicht ist es ja typisch deutsch, sich so viele Fragen zu stellen?
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