Schatten.Spiel

Das Hotel-Badezimmer hat kleine Deckenstrahler – plötzlich werfen die Hände Schatten auf den Boden. Und ganz unwillkürlich beginnen sie zu tanzen. Sie – die Hände, die Schatten? Sind es überhaupt die eigenen Hände? Der Schatten lenkt die Bewegung, die Bewegung lenkt den Schatten, und ich kann den Blick erstmal nicht abwenden, mag gar nicht aufhören mit diesem Spiel.
 
Es wäre jetzt leicht zu sagen: ‚Typisch Künstler!’ Aber stimmt das denn? Sicher schon 100mal habe ich erlebt, wie Kinder im Klassenzimmer erstmal mit Händen und Schatten spielen, wenn vor der Aufführung der Scheinwerfer angeht. Meist fängt es mit den klassischen Hasenköpfen an, aber schnell kommen andere Formen dazu. Es wird probiert und kombiniert, bald verschwindet die darstellerische Absicht. Kehrt zurück und verschwindet aufs Neue. Was für ein einfacher Anreiz, auch im Vergleich zu all den Technologien, die den Kindern so vertraut sind – und wie viel er dann doch bewirkt! Es tut einem fast leid, dieses Spiel abbrechen zu müssen, damit das Theater beginnen kann. Aber hat es das nicht längst?
Ich komme ins Grübeln darüber, worin wohl der Reiz dieser Schatten bestehen mag. Romantische Dichter melden sich da zu Wort, Puppenspieler und Hirnforscher. Zweckfreiheit und Selbstwirksamkeit gehen mir durch den Kopf, und Spiel, Spiel als ästhetische Suchbewegung. Aber was da so gescheit daherkommt, erscheint nur als hilfloser Versuch, sich formulierend dem Sog dieser dunklen Gebilde zu entziehen. Und so darf das Spiel noch eine ganze Zeitlang weitergehen.

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