1989 sollte das Bicentennaire gefeiert werden, der 200.Jahrestag der Französischen Revolution, des Sturms auf die Bastille. Wir bekamen Ende 1988 einen Auftrag vom Kulturzentrum KAMPNAGEL in Hamburg, für die geplanten Feierlichkeiten am Rathausmarkt ein kleines Stück zu diesem Anlass zu entwickeln. Also machten wir uns ans Werk, an die Bühnenbearbeitung eines Gedichts von Georg Heym - 'BASTILLE'. Inszeniert haben wir das damals mit Schere, Stein und Papier, mit den Gegenständen und mit den Knobel-Handzeichen dazu.

'Ihr macht was zu Revolution? Das interessiert doch keine Sau!' - etwa so klangen die Kommentare vieler Bekannter und Kollegen, als sie Anfang 1989 von unseren Plänen erfuhren. Wir machten uns an die Arbeit, im Juni waren wir mit dem Bastille-Stückchen in den Endproben, da walzten Panzer in Peking die Demonstranten auf dem Platz des Himmlischen Friedens nieder. Und dann überschlugen sich die Ereignisse.
Es wackelte und bebte schon überall, als Ende September unsere kleine Trilogie auf Kampnagel Premiere hatte. Unter dem Eindruck des Mauerfalls haben wir dem Werk dann noch eine Revolte aus den deutschen Bauernkriegen vorangestellt und einen Blick auf Leipzig/Berlin 1989 ('DAS GLÜCKLICHSTE VOLK DER WELT') gewagt. Im Winter 89/90 waren wir fertig - und stießen auf viele offene Türen. Innerhalb des nächsten Jahres haben wir das Stück sicher 50 mal gespielt und es sogar zu einer Kritik in der ZEIT, immerhin von Bejamin Henrichs, gebracht: "Ein seltener Spaß, frivol, rettungslos undeutsch, vor allem aber: von Minute zu Minute frappierend. ... fast noch Grotowski und benahe schon Hollwood."
Trotzdem hat uns 'Geschichte' nicht losgelassen.1992 entstand 'KOLUMBUS NACHFAHREN' als erste Produktion mit der SCHAUBURG am Elisabethplatz in München. 'PAPIER.KRIEG' ist jetzt gut 2 Jahre alt - mit fast 70 Aufführungen und einem Thema, das uns und unser Land wahrscheinlich noch eine ganze Zeit lang begleiten wird.
(Fotos: Silke Goes, Hamburg)
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